Digitalisierung
Eine der zentralen Unternehmungen des Projektes war die Aufnahme jeder einzelnen Seite des Codex Sinaiticus als hochaufgelöstes Digitalbild. Jedes Bild kann an die Stelle der originalen Manuskriptseite treten. Die sorgfältige Fotografie des Codex Sinaiticus stellt daher eine originalgetreue Ansicht der Seiten dar und erlaubt zum ersten Mal weltweiten Zugang zu dieser Handschrift.
Die digitale Fotografie des Codex Sinaiticus musste in bestmöglicher Weise unternommen werden, mit Rücksicht darauf
- dass die Blätter nicht transportiert durften und an den vier unterschiedlichen Orten mit unterschiedlicher Apparatur fotografiert werden mussten,
- dass alles auf den Blättern Geschriebene auf den Digitalbildern lesbar sein sollte,
- dass die naturgetreue Abbildung des Pergaments und der Tinte garantiert werden musste.
Technische Standards
Um sicher zu gehen, dass die hergestellten Bilder miteinander kompatibel waren, mussten feste Standards für die Aufnahmen festgelegt werden, was durch die „Arbeitsgruppe Technische Standards“ geschah. Deren Empfehlungen betrafen die Apparatur (Kameras, Kamerasoftware, Beleuchtung, Objektive etc.) und die Verfahrensweisen (Aufbau, Farbmanagement etc.).
Beleuchtung
Bei der Bestimmung der besten Bedingungen für die Beleuchtung des zu digitalisierenden Codex Sinaiticus mussten zwei Anforderungen ins Gleichgewicht gebracht werden. Die Schrift auf den Blättern muss lesbar sein, auch auf dem digitalen Bild, um den Forschern Lektüre und Analyse zu erlauben. Zugleich muss die natürliche Erscheinung des Pergaments und der Tinte getreu wiedergegeben werden, um die Beurteilung der physischen Eigenschaften des Codex Sinaiticus zu erlauben.
Es wurden verschiedene Winkel und Intensitätsgrade für die Beleuchtung ausprobiert, immer im Blick darauf, dass dieselben Einstellungen für jede Seite Gültigkeit haben müssen. Weil aber jede Seite auf Grund der natürlichen Wellung des Pergaments das Licht in unterschiedlicher Weise zurückwirft, musste ein Kompromiss gefunden werden, um diesen Effekt in Grenzen zu halten. Die besten Ergebnisse wurden mit einem Winkel von 45 Grad erzielt, bei schwacher Intensität und ohne Licht von hinten.
Die Pergamentblätter des Codex Sinaiticus weisen viele oberflächliche Verletzungen auf – Löcher vom Stechen, Einkerbungen von Linealen etc. – die bei einem 45-Grad-Beleuchtungswinkel von beiden Seiten nicht sehr gut sichtbar werden. Es wurde daher entschieden, jede Seite zweimal zu digitalisieren, beim zweiten Mal mit einer Lichtquelle im niedrigen Winkel von einer oberen Ecke. Diese „Seitenlicht“-Bilder sind optimal geeignet, um physische Besonderheiten des Pergaments deutlich zu machen.
Hintergrund
Die Blätter des Codex Sinaiticus sind so dünn, dass der Text von der Rückseite beim Fotografieren ebenfalls sichtbar wird. Es musste daher ein geeigneter Hintergrund gefunden werden, um den Effekt des Durchscheinens zu verringern und zur selben Zeit die Farbe des Pergaments so getreu wie möglich wiederzugeben.
Wie Tests bewiesen, war mit weißem Hintergrundpapier eine relativ getreue Wiedergabe der Pergamentfarbe möglich, der Text allerdings war oft schwer zu lesen, weil von der anderen Seite des Blattes die Tinte durchschien. Schwarzes Hintergrundpapier reduzierte dieses Durchscheinen enorm, machte dadurch den Text besser lesbar. Die Seite erschien allerdings zu dunkel und die Farben wurden nicht richtig wiedergegeben.
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Testbild des Codex Sinaiticus mit weißem Hintergrund. |
Testbild des Codex Sinaiticus mit schwarzem Hintergrund. |
Die Tests legten nahe, eine dritten Weg zu gehen. Für den Hintergrund wurde eine Farbe gewählte, die nahe an der warmen Pergamentfarbe war und zugleich das Durchscheinen bis dahin reduzierte, dass das Text lesen nicht erschwert wurde.
Eine Liste der Digitalisierungsexperten im Codex-Sinaiticus-Projekt.